Nr. 8: Häuser wachsen – und das Management wird organisch

Vor genau 100 Jahren erklärte Le Corbusier das Haus zu einer Maschine zum Wohnen und die Stadt, als eine gegen die Natur gerichtete, menschliche Operation. Der damalige Glaube an die universelle Kraft der Vernunft weckte die Vorstellung, dass zumindest in der Abstraktion absolute Wahrheiten gefunden werden können. «Wir haben die Wechselwirkung zwischen Mass, Proportion, Raum, Zeit und Material geprüft und eine endgültige Methode gefunden, aus ihnen eine Einheit zu konstruieren.» erklärte 1922 die einflussreiche Künstlervereinigung De Stijl.

Vor gut 50 Jahren setzte eine breite Kritik an der seelenlosen Architektur der Moderne ein. Gefordert wurde eine Demokratisierung der Planung und Wiederherstellung eines menschlichen Bezugs zur regional geprägten Geschichte und zur Natur. Gestützt durch das Bild des fragilen «blauen Planeten» wird der Mensch zunehmend wieder als Teil der «Natur» verstanden. Beispielhaft kann der Aufsatz «Buildings Like Trees, Cities Like Forests» von McDonough und Braungart genannt werden.

Mit der Überwindung der christlich geprägten Vorstellung der menschlichen Herrschaft über die Natur verbinden sich die Kulturen. «Ein Haus steht nicht – in meinem Verständnis wächst es» meint der indische Architekt und Pritzker-Preisträger Balkrishna Doshi. «Architektur ist ein Lebewesen», so der Japaner Tadao Ando, ebenfalls Pritzker-Preisträger.

Die Managementtheorie und -praxis entwickelte sich analog: Vor 100 Jahren propagierte der Soziologe Max Weber die Bürokratie als einzig legitime Form der Herrschaft – nachdem der amerikanische Maschineningenieur Taylor mit seinen Vorstellungen einer «Wissenschaftlichen Betriebsführung» weltberühmt wurde.